Opernaufführungen leben zu einem guten Teil von farbigen Bildern, Kostümen und dramatischen Interaktionen. Da genau das unter Corona-Bedingungen nicht möglich ist, war die Neuinszenierung von Georges Bizets Oper „Carmen“ eine große Herausforderung. Abstandsregeln, Schutzmasken und maximale Personenzahlen pro Quadratmeter mussten berücksichtigt werden, damit das Theater endlich wieder seiner Bestimmung folgen konnte – den Vorhang aufgehen zu lassen und ein emotionales Bühnenerlebnis zu bieten. Am Premierenabend, dem 13. September, durften die Theatermacher erleichtert feststellen, dass ihnen das Krefelder Publikum unter erschwerten Bedingungen nicht nur treu bleibt, sondern sogar regelrecht begeistert ist. Stellvertretend für die Menschen im Saal kommen hier drei langjährige Theaterabonnenten zu Wort.
Der Hülser Guido Küsters freut sich sehr über die Wiederaufnahme des Spielbetriebs: „Seit März durfte ich keinen großen Theaterabend genießen und habe das sehr vermisst. Zum Glück konnte ich die Zeit mit kleinen Konzerten überbrücken, und im Netz gab es ja auch immer ein paar Häppchen. Am nicht enden wollenden Applaus heute merkte man, wie sich das Publikum gefreut hat. Schön, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln so viel Tolles auf die Beine gestellt wurde. Man kann fast sagen, dass es nicht nur konzertant, sondern szenisch war. Der Spagat zwischen den Möglichkeiten und dem Wunsch, etwas auszudrücken, wurde mit Bravour gemeistert.“
Auch Wilfried Mayerling zeigt sich von der Carmen-Premiere begeistert: „Zur heutigen Vorstellung fällt mir als erstes der überwältigende Schluss ein. Es gab Beifall ‚bis der Arzt kommt‘, und das verdientermaßen. Der Gesang, die Stimmen, alles wunderbar. Und nach dem Orchester auf der Bühne habe ich mich schon lange gesehnt.“ Mayerlings einziger Kritikpunkt bezieht sich auf die Filmprojektion: „Der Kontrast der Spielkartenrückseiten war sehr stark eingestellt, so dass die darauf projizierte Ballettszene nicht so gut sichtbar war. Daher fände ich es gut, wenn man den Kontrast reduziert. Und bei der Stierkampfszene hätte ich mir ‚etwas mehr Blut‘ gewünscht, um die Zuschauer besser mitzunehmen. Ansonsten war alles super.“
Die Krefelderin Birgitt Schweren-Wolters war 40 Jahre Buchhändlerin und ist ebenso lange Abonnentin. Sie hat Carmen schon in verschiedenen Inszenierungen gesehen und war sogar in der Zigarettenfabrik in Sevilla, auf die sich die Oper bezieht. „Ich war sehr gespannt, wie eine Inszenierung unter den aktuellen Bedingungen funktionieren kann, und ich finde, es ist hervorragend gelungen. Es waren alle Bilder der Oper drin. Musik, Schauspieler, Text, Tänzer und Sänger − hat alles gepasst. Ich fand es nicht nur gut. Ich fand es richtig toll. Wir sind ja inzwischen schon so virtuell geschult, dass wir uns die Bilder in der Phantasie vorstellen können. Wenn man denn genügend Phantasie hat.“